„Unser Leben ist eine ständige Abfolge
von verschiedenen Zuständen und Gefühlen.
Nichts ist bleibend, nichts ist unbeweglich.“
Milidapana
Umgang mit schwierigen Gefühlen und Empfindungen
In meine Praxis kommen oft Klienten, die Probleme im Umgang mit schwierigen Gefühlen und Empfindungen haben. Sie möchten diese Gefühle am liebsten einfach weghaben. Das Leben zeigt, dass das nicht so einfach funktioniert. Die gute Nachricht, es gibt Wege, diesen Umgang zu erlernen. Dabei ist die Meditationspraxis eine wundervolle Unterstützung. Die schlechte Nachricht, die Erwartung, dass du durch Meditation keine negativen Gefühlszustände mehr erleben wirst, ist ein Missverständnis. Du wirst durch Achtsamkeit und Meditation deine Gefühle viel deutlicher wahrnehmen. Die Wahrnehmung unterstützt dich, dich den Gefühlen nicht mehr ausgeliefert zu fühlen, du erlebst, dass du mit zunehmender Übung anders damit umgehst.
Annehmen, was ist.
Der Kampf gegen deine problematischen Empfindungen kostet viel Energie, die dir an anderen Stellen im Leben fehlt. Du vergeudest deine Energie, indem du nicht wahrhaben willst, was gerade in dir vor sich geht.
„Annehmen, was ist, ist ein Teil des Prozesses des Aufwachens im Leben“ schreibt Jon Kabat-Zinn, Pionier der Achtsamkeit des 20. Jahrhunderts, Leiter der ersten Anti-Stress-Klinik in Amerika in den 70er Jahren.
Meditiere, auch, oder gerade, wenn du dich traurig, wütend, aufgewühlt fühlst. Versuche in der Meditation zu erkunden, was in dir geschieht, ohne dich dabei zu kritisieren oder zu bewerten. Strebe keine unmittelbare Veränderung an. Lerne das anzunehmen, was in diesem Moment kommt und in diesem Moment.
Status des Beobachters einnehmen
Lerne deine Gefühle fließen zu lassen, ohne dich mit ihnen zu identifizieren.
Gefühle bei der Meditation benennen
Nimm eine aufrechte Sitzposition deiner Wahl ein. Wirbelsäule gestreckt, Schultern entspannt und weg von den Ohren. Richte deinen Kopf aus und senke ganz leicht dein Kinn. Schließe deine Augen und nimm Kontakt mit deiner Atmung auf. Lass den Atem in seinem natürlichen Fluss fließen. Es gibt nichts zu tun oder zu erledigen. Einfach nur atmen. Beobachte, wie es dich atmet.
Nimm nun deine Gedanken wahr. Beobachte, welche Gedanken auftauchen und versuche jetzt, dass Gefühl zu spüren, welches sich mit dem Gedanken verbindet. Ist es Ärger, Freude, Wut, Liebe, Angst oder Aufregung? Oder ist da eher Traurigkeit oder ein anderes Gefühl? Benenne das Gefühl – „da ist Ärger“, „da ist Traurigkeit“, „da ist Wut“ o.a. Bewerte es nicht, analysiere es nicht, halte nicht an ihm fest. Benenne das Gefühl und gehe mit deiner Konzentration immer wieder zum Atem zurück. Beobachte, ob sich dein Gefühl verändert. In der Haltung des inneren Beobachters bist du nicht mehr mit deinem Gefühl, z.B. „Ärger“, verschmolzen, sondern er ist etwas, das gerade in dir vorgeht. Durch diese Herangehensweise gewinnst du einen für dich wichtigen Handlungsspielraum. Du kannst dir anschauen, was da gerade in dir passiert, und du kannst entscheiden, ob und wie du dein Gefühl ausdrücken möchtest. Lass es sein, so wie es ist. Es gibt keine guten oder schlechten Gefühle. Bleibe in der Position des Beobachters, der liebevoll „Ja“ zu allem sagt, was jetzt ist. Bleibe dabei ruhig und gelassen. Die Alternative, deinen Ärger blind auszuagieren ist in den meisten Fällen mit negativen Konsequenzen für dich und deine Umwelt verbunden.
Beende die Übung mit 5 -10 tiefen Atemzügen.
Ich lade dich ein, dir die nächste Woche täglich 15 Minuten Zeit zu nehmen für deine Gefühle und Empfindungen. Vielleicht möchtest du im Anschluss in ein Erfahrungstagebuch eintragen, welche Gefühle du wahrgenommen hast und wie es dir bei der Beobachtung ergangen ist.
Warum regelmäßig meditieren?
Mit regelmäßiger Übung erreichst du:
- positive Gefühlszustände
- freundlicheren Umgang mit dir selbst
- Entwicklung von Dankbarkeit und Mitgefühl
- schwierige Situationen als Chancengeber zu betrachten
- unangenehme Gefühlszustände bekommen weniger Gewicht in deinem Leben
- mittelfristig werden unangenehme Gefühle seltener auftauchen
- du weißt, wenn unangenehme Gefühle auftauchen, dass diese auch wieder verschwinden
Oder wie Buddha es ausdrückte: „Alles ist im Wandel, alles vergeht.“
Ich wünsche dir viel Neugier und Entdeckergeist bei deinen Erfahrungen.
Nur durch die eigene Erfahrung kannst du lernen und dich weiterentwickeln.
Mit achtsamen Grüßen
Meike Gräf