Die größten Ereignisse, das sind nicht unsere lautesten, sondern unsere stillsten Stunden.
Friedrich Nietzsche
Kilimanjaro – Meine Geschichte über einen erfüllten Lebenstraum
Zu meinem 50. Geburtstag hatte ich den Traum, auf dem Dach Afrikas zu stehen, dem Kilimanjaro, dem mit 5.895 Meter höchstem frei stehenden Berg der Erde. Dieser Traum sollte Wirklichkeit werden. Einige Wochen nach meinem Geburtstag saß ich im Flugzeug nach Tansania im fernen Afrika. Ich war nicht allein, begleitet wurde ich von meinem langjährigen Partner und meinem Sohn.
Es ist ein aufregendes Gefühl, sich einen Traum zu verwirklichen – ein Ziel in greifbarer Nähe zu fühlen. Über 10 Stunden Flug liegen vor uns. Es ist Februar – vom winterlichen Deutschland landen wir im heißen Afrika, was für den Körper schon mal eine Herausforderung ist. Nach einem Tag des Ankommens und ersten Akklimatisierens, beginnt die große Tour.
Ausgangsort ist das Machame Gate auf 1.490 Meter. Die ersten 1.350 Höhenmeter führen uns zum Machame Hut (3.060 Meter). Wir übernachten im Zelt und haben ein Team von Guide, Second-Guide, Portern und Koch, das uns begleitet. Heute Abend lassen die Wolken einen ersten Blick auf den Kibo zu. Wow, was für ein Gefühl, das Ziel im wahrsten Sinne des Wortes vor sich zu sehen. In der darauffolgenden Nacht erlebe ich den unglaublichsten Sternenhimmel meines Lebens. Unzählige Sterne funkeln am dunklen Firmament und leuchten wie polierte Diamanten. Ich nehme ein intensives Pulsieren wahr, die Milchstraße scheint zu fließen. Es ist schier atemberaubend und lässt mich in Faszination erstarren und diesen Moment des Glücks intensiv erleben.
Am Folgetag geht es weiter stetig nach oben, heutiges Ziel ist die Shiva Hütte auf dann mittlerweile 3.890 m . Der Weg geht „pole, pole“, was zu Deutsch „langsam, langsam“ bedeutet. Es ist wichtig sich langsam zu akklimatisieren, dass der Körper ausreichend Zeit zum Anpassen an die Höhe hat. Geduld!
Wir erfahren, dass viele Menschen den Gipfel nicht erreichen, weil sie mit der Höhe nicht zurechtkommen und an der Höhenkrankheit leiden. Daher sind unsere Tagesetappen moderat. Wir laufen stetig aufwärts durch den Bergwald mit seinen unbekannten Pflanzen und Bäumen. An den Bäumen hängen die Flechten wie Gardinen herab. Nachdem wir den Waldrand erreicht haben, wird der Blickwinkel weiter – wir sehen abermals den Kibo. Wir laufen pole, pole, machen immer wieder kurze Pausen und schonen so unsere Kräfte. Die Geschwindigkeit ist nicht das Entscheidende, wenn du ein Ziel erreichen möchtest. Trotz vieler Wolken und dem einen oder anderen Regenschauer ist es einzigartig, durch die steinige, felsige Landschaft zu laufen. Gut erreichen wir das Tagesziel. Für dein großes Ziel ist es hilfreich, Teilziele festzulegen. Das Erreichen dieser stärkt die Motivation und lässt dich deinen Weg schon als Ziel wahrnehmen. Am 5. Tag geht es nun bis auf 4.630 Meter hinauf zum sogenannten Lava-Tower. Der Tag dient der Akklimatisierung. Von 4.630 Meter steigen wir wieder hinab auf 3.950 Meter zur Barranco Hütte. Das Schlafen auf niedrigerer Höhe dient der besseren Akklimatisierung. Das Wetter heute geprägt von Nässe, Kälte, Graupelschauern und Schnee. Heißer Tee lässt mich wieder auftauen. Auch harte Bedingungen lassen mich das große Ziel nicht aus den Augen verlieren.
Ich weiß, wohin ich will und nehme die Bedingungen wie sie sind. Ich passen mich an, Achtsamkeit beim Laufen, um nicht wegzurutschen, warme Kleidung, um meinen Körper warmzuhalten. Ich komme mit den erschwerten Bedingungen gut zurecht und bin froh und dankbar, dass es uns allen Dreien gesundheitlich gut geht. Wichtig, um mein Ziel zu erreichen.
Am nächsten Morgen bezwingen wir die sogenannte „Breakfest-Wall“ und sind beeindruckt, mit welcher Geschwindigkeit und Leichtigkeit die Porter, mit ihrer Last auf Rücken und Kopf verteilt, die Felswand erklimmen. Für uns sind sie die stillen Helden der Berge. Auch wir klettern stetig nach oben, konzentriert. Leider ist der ersehnte Fernblick versagt – Nebel bestimmt die Szenerie. Es ist wie es ist. Die Etappe ist heute ob der anspruchsvollen Steigung in der großen Höhe sehr anstrengend. Das Barrafu-Camp (4.690 Meter) ist der Ausgangspunkt für den Aufstieg auf den Kilimanjaro. Meine Aufregung steigt. „Barafu“ ist Suaheli und bedeutet so viel wie „Eis“. Es gibt kein Wasser hier oben, nur Eis ,und es kann sehr stürmisch werden. Letztes Auffüllen der Wasservorräte war daher am Karanga-Camp. Die Unruhe wächst, auch Ängste sind da. Wie gehe ich damit um, wenn ich es nicht schaffe, wenn mein Körper mir Grenzen aufweißt. Die Vorfreude auf die Herausforderung überwiegt. Früh legen wir uns in die Schlafsäcke, um noch etwas zu schlafen vor der großen Herausforderung, dem Highlight unserer Tour.
23:00 Uhr, nach dreieinhalb Stunden Schlaf, heißt es aufstehen und letzte Vorbereitungen treffen. Als Gepäck nehmen wir nur den Tagesrucksack mit ausreichend Wasser und die Regenjacke mit. Das Wasser in der Trinkblase, mit isoliertem Beutel und Neoprenschlauch über dem Gummischlauch, um das Einfrieren bei den eisigen Temperaturen zu verhindern. Es ist 24:00 Uhr. Bevor wir loslaufen gibt es noch einen besonderen Auftakt. Mein Sohn hat Geburtstag und gemeinsam mit unseren beiden Guides singen wir für ihn „Happy birthday“ – bewegend. Dann setzt sich unsere kleine Gruppe von 5 Leuten in Bewegung. Stirnlampen erhellen den schmalen Pfad. Der Blick nach oben zeigt, es sind viele Menschen unterwegs. Ihre Stirnlampen leuchten in der Nacht und winden sich wie ein langer Lindwurm am dunklen Berg empor. Ein harter Weg steht jedem von uns bevor. Je höher ich komme, desto schwerer wird jeder Schritt. Ich habe das Gefühl, mein Rucksack ist mit Wackersteinen gefüllt. Jeder einzelne Schritt wird zur Herausforderung und nur mein Ziel lässt ich stetig vorwärts gehen. Nach gut zwei Stunden, nimmt mir der Guide den Rucksack ab, wofür ich ihm sooo dankbar bin. Es fühlt sich gleich ein gutes Stück leichter an. Trotzdem bleibt es hart und ist für mich eine Grenzerfahrung. Besonders die Kraxelei, die ich sonst so liebe, zehrt an meinen Kräften. Das eine oder andere Mal denke ich, dass ich nicht mehr weiterlaufen kann und will. Ich habe großen Respekt vor dem Berg und kann es fast nicht glauben, wie ich mit ihm kämpfe, körperlich und auch psychisch. Der Kampf setzt ungeahnte Kräfte in mir frei.
Immer wieder motiviere ich mich selbst und mein Team redet mir gut zu. Ich zähle im Geiste die Schritte und mache nach jeweils 100 Schritten eine kurze Pause. Mein Motivationsspruch „Ich will – Ich kann – Ich schaff´s“ hilft. Der hat mir beim Marathon schon geholfen. Trinken fällt mir schwer, doch ich zwinge mir das Wasser rein, denn das ist sehr wichtig in der Höhe. Die Trinkblasen sind trotz Isolierung und Neopren eingefroren bei Minustemperaturen. Zum Glück hat unser Guide eine Thermoskanne Tee dabei. Stetige Schritte, nicht aufhören, an dich glauben, helfen mir, den toten Punkt zu überwinden. Um 6:00 Uhr morgens, nach 6 harten Stunden des Aufstiegs, erreichen wir bei Sonnenaufgang den Stella Point auf 5.756 Meter. Hier bin ich schier überwältigt von meinen Emotionen des Glücks, der Freude. Meine Tränen fließen. Und damit bin ich nicht allein, meine Begleiter erleben diesen einzigartigen Moment ebenso tief ergriffen. Wir umarmen uns und sind unter Tränen tief verbunden. Das ist der Kick für die letzten ca. 250 Meter aufwärts. Hierfür benötigen wir noch eine Stunde. Beflügelt vom Adrenalin und dem Glücksgefühl, gehe ich meinem Ziel voller Freude entgegen. Morgens 7:00 Uhr stehe ich schließlich auf dem Dach Afrikas – dem Uhuru-Peak – 5.895 Meter.
Ich habe das Ziel erreicht.
Schon das ist einige Tränen wert. Wir liegen uns in den Armen. Jeder erlebt seinen Gipfelmoment und gemeinsam vervielfacht sich das Glück – gesund, Zufriedenheit, Erfüllung, Stolz, Dankbarkeit breiten sich in mir aus. Ein magischer Moment für´s Leben. Den genießen ich in vollen Zügen. Jedes Erreichen eines Ziele hat eine Belohnung verdient. Die unglaublichen Emotionen sind eine tiefgreifende Erfahrung für mich. Mein Körper lässt mich intensiv den Moment erleben. Für mich hat sich ein Traum erfüllt. Es schwingt auch ein Hauch von Traurigkeit mit, denn der Moment ist vorüber, Geschichte. Doch tief in meinem Herzen verwahre ich diesen, meinen, Moment wie einen Edelstein. Der Ausblick hier oben, dem Himmel so nah, ist sagenhaft – Gletscher, Krater, in der Ferne der Mawenzi, unter uns ein Wolkenmeer, so dass ich das Gefühl habe, über den Wolken zu schweben. Unglaublich, wie die Wolken eine unwirkliche Zwischenwelt schaffen. Blauer Himmel über mir und eine dunkle graublaue Schicht Wolken unter mir. Es ist wie ein Meer, ein Wolkenmeer und der stolze Berg. Danke an das Leben, danke, dass ich das erleben durfte.
Der Abstieg fällt wesentlich leichter und dauert erstaunlicherweise nur dreieinhalb Stunden im Vergleich zum 7-stündigen Aufstieg. Im Base-Camp erholen wir uns, schlafen ein wenig, stärken uns zur Lunchtime und packen dann unsere Sachen, um heute noch bis zum Mweka-Hut bei 1.295 Meter abzusteigen. 3.100 m abwärts, auf leichtem Weg, aber sie fühlen sich nach den Anstrengungen der Gipfeleroberung schon lang an. Nach vier Stunden erreichen wir das Camp. Ich bin erschöpft. Stolz – Glück – Lebenshöhepunkt – Traum – Pole, Pole. Manches ist mit Worten nicht zu beschreiben. Nach einem langen Tag liege ich 20.00 Uhr erschöpft im Schlafsack und schlafe den sogenannten Schlaf der Erschöpften.
Am Morgen weckt uns ein letztes Mal unser Koch Rashidi. Wir frühstücken mit gutem Appetit und dann singt das 11-köpfige Team das Kilimanjaro-Lied „Jambo Bwana“ als Dank für uns. Der nächste Gänsehautmoment, Rührung, Wärme und Dankbarkeit im Herzen. Das Lied ist ein typisches Berglied der Chagga, Ausdruck afrikanischer Lebensart und Kultur.
Die letzte Etappe führt uns heute durch den Regenwald mit riesigen Bäumen, Elefantenfarnen, Protheas. Eine beeindruckende Geräuschkulisse von Insektengesumm, Tieren. Das Geräusch des prasselnden Regens auf dem Blätterdach des Waldes begleitet uns und gleicht einer Sinfonie der Töne – von leise zu laut, ohrenbetäubend, dann wieder sanfter, facettenreich . Wir erleben intensiven tropischen Regen, der kein Kleidungsstück trocken lässt. Nach knapp drei Stunden erreichen wir das Mweka-Gate – Ende unserer Tour auf den Kilimanjaro.
Wie finde ich ein Ziel?
- Dein Ziel soll klar formuliert, konkret und spezifisch sein.
- Dein Ziel soll messbar sein.
- Dein Ziel soll attraktiv sein.
- Dein Ziel soll realistisch sein.
- Dein Ziel soll terminiert sein.
Was hilft dir auf dem Weg zu deinem Ziel?
- Stell dir mit all deiner Fantasie vor, wie es ist, wenn du dein Ziel erreicht hast.
- Übe Geduld mit dir.
- Gehe stetig voran, auch kleine Schritte führen zum Ziel.
- Finde deine Geschwindigkeit, es soll sich gut für dich anfühlen.
- Vermeide Druck und Überforderung.
- Verliere dein großes Ziel nie aus den Augen.
- Teilziele/Teiletappen können sehr hilfreich sein.
- Der Weg ist das Ziel.
- Motivation – motiviere dich, finde deine Motivationsgeber.
- Belohne dich, wenn du dein Ziel erreicht hast.